Liebe Schwestern, liebe Brüder

Es gibt einige Dinge aus meiner Kindheit, an die ich mich noch recht gut erinnern kann. Eines davon ist, dass ich, wenn ich von kindlichen Glaubenszweifeln geplagt wurde, immer ziemlich neidig auf die Leute war, die mit Jesus zur selben Zeit und am selben Ort lebten. Wie einfach hatten die es doch! All das mitansehen zu können, was und wie Jesus gewirkt hat, dabei zu sein, wenn er Blinde sehend und Lahme gehend gemacht hat, ja gar wie er Tote wieder zum Leben erweckt hat. Wie wichtig ihm die Liebe zum Nächsten war. Wer konnte da noch ein Problem mit dem Glauben haben?

Na ja, das waren so die Gefühle eines Achtjährigen über die Ungerechtigkeit des Lebens.

Wenn wir uns die Berichte der Evangelien vor Augen führen – wie das heutige vom Gang der Jünger nach Emmaus, da wird deren Situation ganz anders, und vor allem gar nicht nach Osterspaziergang geschildert. Es ist ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Der, auf den sie alles gesetzt hatten, der, von dem sie alles erwartet hatten, von dem sie hofften, dass er ihr Volk aus der Knechtschaft der Römer befreien würde, dieser Jesus ist als Verbrecher hingerichtet worden. Bis zuletzt hatten sie auf eine Änderung gehofft, auf ein Wunder, auf ein himmlisches Heer, das mit Feuer und Schwert die Gerechtigkeit herstellen sollte, aber nichts geschah.

Der Mann, von dem sie Alles erwartet hatten war tot und hat sie mit den Scherben ihres Lebens zurückgelassen. Mit dem Kreuzestod ist auch ihre Zukunft gestorben.

Der Traum ist ausgeträumt und sie wenden sich wieder dem Alltag und den alltäglichen Tätigkeiten des Lebens zu.

Ist das nicht eine Situation, in der wir uns auch immer wieder finden? Unsere geistigen Höhenflüge werden jäh unterbrochen, Wenn wir uns unsere Zukunft gerade wunderschön ausgedacht haben, unsere Erfolge zurechtgelegt haben, dann kommt irgendwas, das sich dazwischen legt und wir müssen wieder anfangen, müssen unser Leben neu ausrichten, unsere Pläne verwerfen und neu entwerfen..

Wenn wir meinen, Gott ganz nahe zu sein, fühlen wir uns plötzlich alleine und einsam.

Es ist so, wie es bei den Jüngern war, wir erkennen den Herrn nicht, der schon lange mit uns geht. Wir sind müde, abgestumpft. Wir erhoffen nichts mehr. Wir beschäftigen uns eben mit der täglichen, alltäglichen Arbeit oder wir zerstreuen uns, lenken uns ab. Wir lassen nichts mehr an uns herankommen – so können wir auch nicht enttäuscht werden.

 

Aber Jesus ist nicht abhängig davon, dass wir ihn erkennen. Er ist nicht von unserer Aufmerksamkeit abhängig, er gibt nicht auf, er geht weiter mit uns und irgendwann werden wir verstehen und erkennen. So wie er sich den Jüngern gezeigt hat und mit ihnen gegangen ist, bis sie ihn erkannten.  Und er bringt uns wieder Hoffnung. Er zeigt uns, dass wir nicht aufgeben müssen, er zeigt uns, dass wir uns etwas zutrauen können, so, wie er damals den Fischern gezeigt hat, dass sie es doch schaffen, Fische zu fangen. Jesus kommt, und mit ihm einer, der uns sagt:

Du bestehst diesen Tag, du bist stärker als die Schmerzen, du bekommst mehr Kraft, als du glaubst.

Im Wort Gottes und im Wort der Menschen, die er uns schickt, bekommen wir Hoffnung. In diesem Wort hören wir, wie sehr er uns das Leben zutraut.

Das Leben das ich lebe, ist mein Leben – und Gott traut es mir zu, und so will ich diesen Tag mit seiner Hoffnung leben und im Wissen darum, dass in meinem Leben auch Gott am Werk ist.

Predigt: Diakon Rudi Bittmann
am 13. und 14. April 2024