Liebe Schwestern, liebe Brüder,
der Mensch braucht einen anderen Menschen, um leben zu können. Er braucht die anderen, um seine Eigenständigkeit zu erkennen, aber auch die Grenzen, die andere formulieren, um ihre eigene Freiheit und Selbstständigkeit zu leben. Darum ist in der Regel eine Gemeinschaft eine Stütze und eine Herausforderung zugleich. Heute, wo es um die Pfarrgemeinde Wels Heilige Familie geht, möchte ich Sie dazu einladen, über die Merkmale einer guten Gemeinschaft nachzudenken. Und ich möchte vorausschicken: eine gute Gemeinschaft bedeutet für mich nicht automatisch eine solche, in der alle künstlich freundlich zu einander sind und auch nicht eine solche, die sich selbst zu einer guten Gemeinschaft erklärt.
Eine gute Gemeinschaft im christlichen Sinne muss eine sein, die sich am Namen Gottes – ein wenig ungenau übersetzt: Ich-bin-da – orientiert. Dieser Name ist das Programm Gottes: Ich bin da, in der Not, du kannst dich auf mich verlassen. Ich bin da, wenn du in eine Zukunft gehst, die dich verunsichert, ich lasse dich nicht alleine. Ich bin da, damit du dem Leben entgegen gehst und die Menschen zum Leben führst, ich begleite dich dabei. Der Name Gottes Ich-bin-da muss auch für eine christliche Gemeinschaft Programm sein.
Jesus hat diesen Namen aufgegriffen und ihn bei der Aussendung der Jünger in eine Zusage umgewandelt: „Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern. Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“.
Denn eine gute christliche Gemeinschaft richtet sich nach außen aus. Sie ist kein Selbstzweck, keine Gruppe der gegenseitigen Verehrer, die in übertriebener Selbsteinschätzung oder mit dem Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen Menschen ihr ständiges Bedürfnis nach Anerkennung stillt.
Die christliche Gemeinschaft weiß sich von Gott begleitet und getragen, was sie zum Handeln für die Welt ermutigt. Sie pflegt die Beziehung zu ihm, schöpft aus ihm Kraft und bewegt sich hin zu denen, die ihn nicht kennen, um sie in Verbindung mit ihm zu bringen.
Ja, sie lebt aus der Zusage Gottes Ich bin da, ich bin mit euch und für den Auftrag: „Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern“. Sie ist also da, um andere aufzurichten und zu stärken, um andere zu stützen und zu trösten, um anderen einen Raum zu geben, damit sie wachsen und sich entwickeln können. Sie macht Mut, sie sucht und integriert, gerade wenn jemand das Gefühl hat, allein zu sein.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
wenn Sie auf die Vielfalt der pfarrlichen Gruppierungen und Aktivitäten schauen, können Sie dankbar sein. Dankbar allen, die bereit sind, Zeit und Energie zu investieren, um hier in der Vogelweide Menschen zusammenzuführen und eine Gemeinschaft im Geist Jesu Christi zu bilden. Sie können dankbar sein für die Angebote, die es ermöglichen, die Beziehung zu Gott zu vertiefen und mit solchen Menschen auf dem Weg zu sein, die sich selbst der Frohen Botschaft verpflichten. Sie können dankbar sein für die Erfahrung, dass in Gottesdiensten, Gebetsformen, Begegnungen und Aktivitäten Gott da ist und wie versprochen immer für Sie da ist, bis zum Ende der Welt.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie zuerst Freude an Ihrer Pfarrgemeinde haben, Freude, die ansteckt, Freude, die anzieht, Freude, die hilft, in die Zukunft optimistisch und mit Vertrauen zu blicken. Ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen gelingt, vorzuleben, dass Gott da ist: für Menschen, die ihn suchen, die ihn brauchen, die mit ihm das Leben gestalten wollen.
Denn dort, wo Gott die Mitte einer Gemeinschaft ist, dort, wo er gefeiert, verkündet und mit den anderen geteilt wird, dort wo die Menschen wissen, dass sie nicht nur aus eigener Kraft handeln, dort kann das Leben wachsen und blühen, dort wird die christliche Gemeinschaft zum Abbild Gottes in der Welt.
Slawomir Dadas Regens