Glauben mit 65+

Wie glauben wir, was ist wichtig beim Glauben, was sind die Zugänge, wie gehen wir mit unserem Glauben um – das sind die Themen, mit denen wir uns in dieser Fastenzeit beschäftigen wollen. Heute geht’s um die Gruppe der Älteren, so die Kategorie 65+. Wir haben am Beginn der Messe ein paar Statements, ein paar Aussagen aus Interviews mit Menschen dieser Altersgruppe gehört.

Ich werde jetzt nicht jemanden interviewen, sondern ich erzähle ihnen einfach über mich – ich bin ja Gruppenmitglied.

So beim ersten Hinsehen auf meinen Glauben kommt mir in den Sinn, dass der sehr fest, sehr stabil ist. Glaubenszweifel kenne ich eigentlich nicht. Und das ist schon etwas, das mit meinem Alter zu tun hat. Von Kindheit an religiös erzogen und aufgewachsen, habe ich als junger und jüngerer Mensch viel gezweifelt. Ich erinnere mich noch an das Gymnasium, wo ich verzweifelt versucht habe, die sogenannten Gottesbeweise des Thomas von Aquin nachzuvollziehen. Ich quälte mich so lange damit, bis mir ein genialer Jesuitenpater sagte: es ist viel besser, du glaubst an Gott als du glaubst an die Gottesbeweise. Es war dann ein auf und ab mit meinem Glauben, mehr beschwerlich als beseligend. Mit der Zeit passierte aber ein immer tieferes Hineinwachsen, geschahen Dinge, in denen ich für mich das Wirken Gottes erkannte und anerkannte. Das führte zu größerer Offenheit, zum aufmerksamer Hinhören, zur Erkenntnis, dass das Gegenüber des Glaubens nicht irgendwo da draußen sondern in mir selber ist.

Ja, ich bin überzeugt davon, dass das Fundament meines Glaubens heute sehr stark ist. So stark, dass ich mir nichts vorstellen kann, das es ernsthaft bedrohen könnte.

Das klingt jetzt ein bisschen erhaben und abschließend. Glaube fest und fertig. Aber ganz so ist es auch wieder nicht.

Viele von Ihnen kennen wahrscheinlich das Kirchenlied: „Niemand beweist mir, Gott, dass es dich gibt“ in dem es weiter heißt „Glaube wird immer ein Wagnis sein“. Für mich stimmt das so nicht. Glaube ist für mich kein Wagnis mehr, wenigstens nicht deshalb, weil mir niemand Gott beweisen könnte. Für das, was ich weiß brauche ich keinen Beweis.

Aber Glaube wird immer Herausforderung sein. Solange ich noch irgendwelche Zweifel habe, gibt es auch kaum Konsequenzen. Sind die Zweifel weg, dann stehen die Konsequenzen auf. Konsequenzen, die zum einen jede Gelegenheit zum Versagen bieten, Konsequenzen zum anderen, die auf Wege führen, von denen man nie weiß, wohin sie gehen. Der Stoßseufzer: warum habe ich mir das nur angetan, der begleitet mich ziemlich oft. Aber gerade da kann ich mich zurücklehnen in den Glauben, kann das Vertrauen hervorholen das mir mit der Gewissheit hilft, nicht allein zu sein und nicht alles allein schaffen zu müssen.

Mit dem Glauben im Rücken kann ich mich allen neuen Erkenntnissen, allen Aussagen und Anleitungen, die die Theologie und die kirchliche Lehre hervorbringt, ganz offen und angstfrei und mit dem mir angeborenen Widerspruchsgeist auseinandersetzen.

Und mit dem Glauben im Rücken kann ich auch weiße Flecken auf meiner Landkarte der Religion zulassen, kann Dinge, die ich nicht verstehe, einfach so lassen, wie sie eben sind und kann den Versuchen mancher Theologen, jedes Geheimnis, jedes Mysterium aufklären zu müssen, gelassen und oft auch belustigt zusehen.

Der Apostel Paulus spricht im Korintherbrief von der Trias „Glaube, Hoffnung und Liebe“. Das wurde und wird häufig zu einem anzustrebenden Tugendkatalog für Christen gemacht. Tatsächlich sind das nicht Tugenden, die angestrebt oder von uns erreicht werden könnten. Es sind Geschenke, es sind Gottesgaben, die über unser jetziges irdisches Leben hinausweisen.

Für mich ist der feste Glaube der Grund für die sichere Hoffnung auf die Auferstehung,
und damit auf das endgültige hereingenommen werden in die Liebe Gottes.