Was feiern wir zu Allerheiligen?

Was feiern wir eigentlich heute? Historisch gesehen war es so, dass die heiliggesprochenen Menschen allmählich zu viel wurden, um für jeden einen eigenen Gedenktag einzurichten. Also hat man das Gedenken für alle Heiligen an einem Tag zusammengefasst. Unter „Heiligen“ werden im allgemeinen die Menschen verstanden, die offiziell von der Kirche in einem komplizierten und sehr kostspieligen Prozess wegen ihrer hohen Moral und ihres Lebenswandels eben als „Heilige“ für alle anderen zum Vorbild werden sollten.

Da war immer etwas, das für mich nicht stimmig war. Nicht einmal so sehr, weil diese Heiligsprechungen mit enorm hohem finanziellen Aufwand verbunden sind. Im Gloria heißt es: „du allein bist der Heilige“. Wenn Gott allein der Heilige ist, wie kann sich der Mensch dann eigene Heiligkeit erwerben durch mehr oder weniger gottgefälliges Leben? Heiligsprechungsprozesse sind schließlich eine Erfindung der Menschen. Die Vorstellung, dass Heiligkeit etwas sei, was mit irgendwelchen Leistungen zu tun habe, ist völlig daneben.

Bei der Beschäftigung mit den Briefen des Paulus bin ich wieder auf seine Grußformel gestoßen, die er oft verwendet: „an alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen“ oder „an die Heiligen in ganz Achaia“ oder „an die Heiligen in Ephesus, die an Christus glauben“. Das ist es. Nicht durch eigene Leistung, sondern dadurch, dass man zu Gott, dass man zu DEM Heiligen gehört, nur dadurch wird man selbst zum Heiligen. Heiligkeit kann man sich nicht verdienen. Sie wird einem zuteil, genauso wie man es sich nicht verdienen kann, sondern einfach zu einer Familie gehört, ganz einfach, indem man hineingeboren wird. Genauso sind wir in Gottes Familie hineingeboren.

Wir alle, die wir seine Geschöpfe sind. Die Lebenden und die jetzt schon bei ihm Lebenden, die nur wir Menschen als Verstorbene bezeichnen. All die sind Gottes Heilige. Und die feiern wir heute. Und ein bisschen feiern wir deswegen heute auch uns.

Rudolf Bittmann
Diakon