Wie wohnt Gott in der Vogelweide?

„In jenen Tagen als König David in seinem Haus wohnte und der Herr ihm Ruhe vor allen seinen Feinden ringsum verschafft hatte, sagte er zu dem Propheten Natan: Ich wohne in einem Haus aus Zedernholz, die Lade Gottes aber wohnt in einem Zelt. Natan antwortete dem König: Geh nur und tu alles, was du im Sinn hast; denn der Herr ist mir dir. Aber in jener Nacht erging das Wort des Herrn an Natan: Geh zu meinem Knecht David, und sag zu ihm: So spricht der Herr: Du willst mir ein Haus bauen, damit ich darin wohne? Ich habe dich von der Weide und von der Herde weggeholt, damit du Fürst über mein Volk Israel wirst, und ich bin überall mit dir gewesen, wohin du auch gegangen bist. Ich habe alle deine Feinde vor deinen Augen vernichtet, und ich will dir einen großen Namen machen, der dem Namen der Großen auf der Erde gleich ist. Ich will meinem Volk Israel einen Platz zuweisen und es einpflanzen, damit es an seinem Ort sicher wohnen kann und sich nicht mehr ängstigen muss und schlechte Menschen es nicht mehr unterdrücken wie früher und auch von dem Tag an, an dem ich Richter in meinem Volk Israel eingesetzt habe. Ich verschaffe dir Ruhe vor allen deinen Feinden. Nun verkündet dir der Herr, dass der Herr dir ein Haus bauen wird. Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern legst, werde ich deinen leiblichen Sohn als deinen Nachfolger einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen. Ich will für ihn Vater sein, und er wird für mich Sohn sein. Dein Haus und dein Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein Thron soll auf ewig Bestand haben.“ 2 Sam 7, 1-5.8b – 12.14a.16

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

sind Sie zufrieden mit Ihrer Wohnsituation? Haben Sie genug Platz sowohl für Ihre Freizeit als auch für die notwendigen Abläufe jedes Tages? In der Regel spiegelt der Wohnraum das Lebensgefühl eines Menschen und er spendet Kraft, weil er auch ein Ort der Erholung, des Rückzugs und der privaten Sphäre sein sollte. Auf der anderen Seite ist der Wohnraum eine Stätte der Begegnung mit Menschen, die eingeladen sind, vorbei zu kommen, mit den Bewohnern zu verweilen, ihre Gastfreundschaft auszukosten. Das Haus, die Wohnung sind für einige zu Statussymbolen geworden; es wird groß und übergroß gebaut, nicht weil man es braucht, sondern weil man sich zeigen will.

In der heutigen ersten Lesung wird auf die Wohnsituation des Königs David und die Wohnsituation Gottes hingewiesen. David wohnt, wie es sich für einen König gehört, in einem Zedernholz-Palast. Die Bundeslade, die die zwei Tafeln mit den Zehn Geboten enthalten sollte und für die Israeliten ein sichtbares Zeichen war, dass Gott mit ihnen geht, war immer in einem Zelt untergebracht. David will dem Unterschied mit einem neuen Bauwerk, mit einem Tempel begegnen.

Er übersieht aber dabei zwei Dinge, wie ihm die Propheten sagen. Zuerst war bei den Nomadenvölkern das Zelt ein Zeichen, dass sie immer auf dem Weg waren. Sie waren nirgends aber überall Zuhause. Dort wo sie stehen geblieben sind, haben sie versucht, das Leben zu gestalten. So lebten sie ein wenig in den Tag hinein und betrachteten vieles als Geschenk. Das Zelt der Bundeslade war dadurch ein Zeichen, dass Gott mit seinem Volk unterwegs ist, dass er mit ihnen geht, egal wohin sie auch gehen, ob auf geraden oder auf krummen Wegen. Der Versuch, dem Zeichen Gottes einen einzigen Platz zuzuweisen, könnte dahingehend missverstanden werden, dass Gott nur im Tempel anzubeten ist. Gott ist aber bei jedem und mit jedem Menschen, der seine Begleitung annimmt und das Nomadenzelt ist ein Symbol dafür, dass er mit uns geht auf unseren Lebenswegen.

Das zweite, das David übersieht, ist der Wille Gottes, nicht Bauwerke zu haben, sondern einen fixen Platz in der Geschichte seines Volkes. Gott will, dass sein Volk ihn als Retter annimmt, dass sein Volk sich auf ihn verlässt, dass sein Volk gerade in Gott Heil und Frieden findet. Gott will eine Wohnung in den Herzen der Menschen seines Volkes haben.

Und hier landen wir bei Maria und hier landen wir beim Weihnachtsfest. So wie Maria das Herz für Gott geöffnet hat, obwohl sie noch nicht wusste, was er mit ihr vorhat, so sind wir eingeladen die Türen unserer Herzen ihm zu öffnen. So wie Maria Gott in ihr Leben eingelassen hat, damit er mit ihr geht, sie begleitet und sie heilt, so sind wir eingeladen, uns auf Gott einzulassen, damit er uns in unserem Tun begleitet und stärkt und uns dadurch zum Heil führt.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Gott in der Vogelweide wohnt? Ja, wir haben in den letzen Jahren die Kirche renoviert, wir bemühen uns, dass sie immer schön geschmückt ist. Immer wieder, wie in diesem Advent, werden Installationen gemacht – wie diese Bibel – die uns zum Denken bewegen. Aber ist das die Wohnung, die Gott bei uns haben möchte? Die Kirche als Zeichen, dass er bei uns ist, ist wichtig. Für Gott ist es aber viel wichtiger, dass er in unseren Herzen eine Bleibe hat. Der vierte Adventsonntag lädt uns ein, uns mehr unseren Herzen zu widmen als unseren Häusern. Mögen zwar unsere Häuser und Wohnungen offen sein für die Menschen, die Gott suchen und uns brauchen, aber vor allem möge unser Leben zu einer Wohnung Gottes werden, damit er bei uns wie ein Freund ein- und ausgeht, verweilt und sich wohlfühlt.

Slawomir Dadas
Pfarrer