Christsein – Freude oder Last?

Wie geht es Ihnen, wenn Sie an Ihr Sein als Christin oder Christ denken? Sehen Sie es als Freude, sind Sie glücklich, dass Sie irgendwann auf diesen Weg gebracht wurden?

Oder sehen Sie es doch oft auch als Belastung an, als zusätzliche Verpflichtung, als Einschränkung Ihres Lebens, die anderen, die den Nicht-Gläubigen, den Nicht-Christen nicht gesetzt sind.

Was überwiegt?

25. Sonntag im Jahreskreis

Ich habe schon zweimal über dieses Evangelium gepredigt. Ich habe mich etliche Stunden damit auseinandergesetzt, habe viel darüber nachgedacht, gelesen und gehört. Ich denke, ich habe auch gute Argumente gefunden, die das Handeln des Herrn des Weinbergs, die das Handeln Gottes erklärten.

Aber irgendwie halten diese Argumente nicht so lange an. Wenn ich das jetzt lese, dann erfüllt es mich mit Unbehagen, immer wieder. Es ist doch nicht egal, ob man den ganzen Tag gearbeitet hat, oder nur eine Stunde. Es ist einfach unfair, wenn da beide das gleiche bekommen. In Lohn- und Gehaltsfragen, da kennen wir uns aus, da kann uns nicht einmal Gott was vormachen.

Es ist einfach nicht gerecht. Dabei sind wir Ungerechtigkeit ja gewohnt in unserer Welt. Aber wo kommen wir hin, wenn Gott selber nicht gerecht ist? Soll die Ungerechtigkeit im Himmel so weitergehen? Ist es da nicht angebracht, zu protestieren, zu murren, wie die Arbeiter im Weinberg? Haben wir, die wir uns unser ganzes Leben plagen, so gut es uns gelingt nach dem Willen Gottes zu leben nicht ein Recht darauf, besser als ….

Aber halt! Da sind wir plötzlich am Punkt. Genau diese Überzeugung, dass wir es sind, die sich den Lohn verdient haben, die hindert uns daran, uns in die hineinzudenken, denen scheinbar etwas geschenkt wird. Aus unserer Sicht wird ihnen der Lohn praktisch nachgeworfen.

Warum sehen wir uns immer auf dieser Seite, auf dieser pharisäischen Seite derer, die den ganzen Tag geschuftet haben? Warum sehen wir uns in diesem anderen bekannten Gleichnis des verlorenen Sohnes, immer in der Rolle des rechtschaffenen, fleißigen Bruders, für den kein Tier geschlachtet wurde? Wir bemühen uns, wir plagen uns und die anderen heimsen alles ein ohne Leistung?

Dabei ist es doch ganz anders. Wir, die wir erleben und begreifen durften, dass Jesus unser Leben bestimmen kann, wir, die wir gespürt haben, dass es Gott gibt in unserem Leben, wir, die wir in den Weinberg Gottes gerufen wurden, wir sind die Beschenkten. Wir sind die Begnadeten, und Gnade hat so gar nichts mit Gegenleistung zu tun.

So wie im Gleichnis. Die Taglöhner, die gleich am Beginn des Tages gewählt wurden, die waren damit ihrer Sorgen los, wie sie ihr Leben und das ihrer Familien weiter finanzieren konnten. Die waren erlöst. Die anderen mussten den ganzen Tag in Sorge, Not und Ungewissheit leben. Die mussten den ganzen Tag auf ihre Erlösung warten.

Ich habe da, und vielleicht geht es etlichen von ihnen genau so, einen Knopf in meinem Denken, den ich nicht weg bringe. Vielleicht hängt es mit meiner frühen Erziehung zusammen. Verkürzt ausgedrückt war das in etwa: ein guter Christ muss sündenlos leben, im Notfall eben dauernd beichten, muss laufend Opfer bringen und wenn es ihm gut geht, dann ist schon was faul.

Heute weiß ich, dass das nicht so ist. Aber ich weiß noch immer nicht, was daran so schwer ist, dass mir das Bewusstsein, erlöst zu sein und letztendlich zum Dasein in Gott berufen zu sein zur bestimmenden Wirklichkeit in meinem Denken wird. Das Bewusstsein, dass ich frei bin, weil ich immer aufgefangen werde.

Vielleicht hängt diese Schwierigkeit eben auch mit unserem Menschsein zusammen mit dem, was man Erbsünde nennt.

Das heutige Gleichnis sagt uns, wie Gott wirklich ist. Er vergisst sich für uns, Er denkt daran und will, dass alle teilhaben am Himmelreich. Er ist mehr gütig, als gerecht. Er zahlt viel mehr aus, als er müsste.

Sollte Gott seine Zuwendungen an uns nach unseren Leistungen bemessen, dann würde wohl keiner wirklich bestehen.

Wie viel schöner ist die Botschaft dieses Evangeliums: Gott liebt, Gott liebt grundlos, Gott liebt endlos.